Allgemein 10. Juli 2014 at 11:05

Welcome Center hilft ausländischen Fachkräften

Rund 20.000 Fachkräfte werden in der Region Neckar-Alb bis 2030 fehlen. Wie interessiert man ausländische Fachkräfte für das eigene Unternehmen? Wie integriert man sie? Welche Unterstützung wäre sinnvoll? Praktische Erfahrungen zu solchen Fragen erläuterte elusoft-Geschäftsführer Ralf Haspel anlässlich der Eröffnung des „Welcome Center Neckar-Alb“ der Industrie- und Handelskammer (IHK) Reutlingen. Das neue Angebot unterstützt kleine und mittlere Unternehmen bei der Personalbeschaffung aus dem Ausland und hilft ausländischen Fachkräften und ihren Familien bei der Eingewöhnung.

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Bei der offiziellen Eröffnung des Welcome Centers Neckar-Alb sprach elusoft-Geschäftsführer Ralf Haspel über praktische Erfahrungen bei der Anwerbung und Integration von ausländischen Mitarbeitern. Von links: Christoph Heise, Pressesprecher der IHK Reutlingen; Ralf Haspel, Geschäftsführer der elusoft GmbH; IHK-Präsident Christian O. Erbe; Dr. Nils Schmid, Finanz- und Wirtschaftsminister des Landes Baden-Württemberg und Dr. Wolfgang Epp, IHK-Hauptgeschäftsführer.

Ralf Haspel, Geschäftsführer der elusoft GmbH, berichtete über Erfahrungen mit der Anwerbung und Integration von Mitarbeitern aus dem Ausland. elusoft beschäftigt seit anderthalb Jahren einen polnischen Software-Spezialisten. Nach erfolgloser Suche auf dem deutschen Arbeitsmarkt nahm elusoft ein Angebot der IHK Reutlingen war: Die IHK beteiligte sich an einer Job-Messe im polnischen Krakau und veröffentlichte dort eine elusoft-Stellenanzeige, die vom späteren Mitarbeiter gelesen wurde. Während nach der Einstellung die firmeninterne Integration reibungslos verlief, berichtete der der elusoft-Geschäftsführer von außerberuflichen Rahmenbedingungen, die auch zu beachten sind: Wohnungssuche, Kontoeröffnung, Wahl der Krankenkasse, Sprachkurs, Hilfe bei Behördengängen oder die Situation begleitender Partner. „Zu den Angeboten des neuen Welcome Centers gehört die Karriere-Beratung für Partner und Unterstützung bei der Arbeitssuche für sie – nach unserer Erfahrung ein sehr sinnvolles Angebot“, so Ralf Haspel. Damit außerberufliche Rahmenbedingungen die berufliche Integration nicht belasten, „wäre ein behördlicher Pate ein guter Partner gewesen“, begrüßte der Geschäftsführer die bedarfsgerechten Angebote des Welcome Centers.

Ingenieure und Mechatroniker fehlen
Dr. Nils Schmid, Finanz- und Wirtschaftsminister des Landes Baden-Württemberg, wies darauf hin, dass zukünftig z.B. Ingenieure, Mechatroniker und Pflegekräfte fehlen werden. Mit „passgenauen Maßnahmen zur Fachkräftewerbung“ soll der Engpass vermieden werden. Dabei sind die Welcome Center Pilotprojekte, die verteilt im Land nach und nach eröffnet werden. „Ausländische Fachkräfte sollen sich zuhause fühlen. Sie sollen das Gefühl haben, willkommen zu sein“, wünscht der stellvertretende Ministerpräsident. Auch die baden-württembergische Verwaltung entwickelt eine Willkommenskultur, ausländische Abschlüsse werden leichter anerkannt, so Schmid. Der Aufbau von Welcome Centern in zehn Regionen des Landes wird mit 2 Millionen Euro aus dem Europäischen Sozialfond finanziert. Das baden-württembergische Finanz- und Wirtschaftsministerium unterstützt das Welcome Center Neckar-Alb im Gebäude der IHK Reutlingen mit 110.000 Euro.

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Offizielle Eröffnung des Welcome Centers, das in den Räumen der IHK Reutlingen untergebracht ist. Von rechts: IHK-Präsident Christian O. Erbe; Dr. Nils Schmid, Finanz- und Wirtschaftsminister des Landes Baden-Württemberg, Yvonne Brockhaus, Leiterin des Welcome Centers und Dr. Wolfgang Epp, IHK-Hauptgeschäftsführer.

Lücke von 20.000 Fachkräften
„In den nächsten 15 Jahren wird es einen Bevölkerungsrückgang um 4 Prozent geben, auch der demografische Wandel der Gesellschaft führt zu einem drohenden Fachkräftemangel“, sagte IHK-Präsident Christian O. Erbe, Geschäftsführer der Erbe Elektromedizin GmbH. Schon heute blieben freie Stellen offen, allein 400 Ausbildungsplätze bei IHK-Unternehmen seien nicht besetzt. Die prognostizierte Lücke von 20.000 Fachkräften sei „eine Gefahr für die wirtschaftliche Entwicklung“. Der Geschäftsführer: „Dann können Aufträge nicht erfüllt werden, Umsatz und Ertrag gehen zurück“.
Vor allem kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) soll das Welcome Center helfen. Diese KMU haben eine hohe Wirtschaftskraft, tun sich nach Erfahrung des IHK-Präsidenten aber schwer damit, Fachkräfte herzuholen und dann langfristig zu halten.
Eine wichtige Aufgabe des Welcome Centers sei es auch, die Willkommenskultur zu stärken: „Wenn man Heimat und Freunde verlässt, ist es das Mindeste, dass man freundlich empfangen wird“, so Erbe. Die Fachkräfte sollen herkommen, sich wohlfühlen und dableiben. Der IHK-Präsident sieht die Welcome Center als langfristiges Projekt, das mit Partnern aus der Region weiterentwickelt werden soll.

Welcome Center hat Lotsenfunktion
IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Wolfgang Epp wies darauf hin, dass das neue Welcome Center ein Baustein unter verschiedenen Maßnahmen sei, um den langfristigen Fachkräfte-Bedarf bei Unternehmen der Region zu sichern. Es gebe vielfältige Aus- und Fortbildungsangebote sowie ein breites Netzwerk der „Fachkräfteallianz“, zu der Handwerkskammer, Südwest-Metall, IG Metall Reutlingen/Tübingen und die Arbeitsagenturen gehören. Wenn es darum geht, internationale Fachkräfte für KMU herzuholen und zu integrieren stehe beim Welcome Center „die Lotsenfunktion im Vordergrund“.

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Yvonne Brockhaus ist kompetente Ansprechpartnerin im Welcome-Center Neckar-Alb.

Vielfältiges Angebot
Das Welcome Center Neckar-Alb hat eine eigene Website mit nützlichen Tipps aufgebaut (www.welcomecenter-neckaralb.de). Die Region Neckar-Alb umfasst die Landkreise Tübingen, Reutlingen sowie Zollernalb und reicht von Dettenhausen bis Nusplingen sowie von Haigerloch bis Zwiefalten. Ansprechpartnerin im Welcome-Center ist Yvonne Brockhaus, die selbst 8 Jahre lang im Ausland gelebt und gearbeitet hat. Sie spricht 4 Fremdsprachen – Englisch, Französisch, Spanisch und Niederländisch.
Im neuen Flyer, der sich an ausländische Fachkräfte wendet, wirbt das Team vom Welcome Center dafür, das vielfältige Angebot anzunehmen: „Tatkräftig unterstützen wir Sie, damit Sie sich rasch hier wohl fühlen. Uns können Sie jede Frage stellen – wir versuchen, sie zu beantworten“. Auch bei der offiziellen Eröffnung ermutigte Brockhaus zur Kontaktaufnahme, sobald Fragen auftauchen. Die Leiterin, in Anspielung auf die gleichnamige berühmte Lexika-Reihe: „Mein Name ist Brockhaus. Ich weiß nicht alles – aber ich weiß, wo ich es nachschlagen kann.“